VERA BONSEN

JULIETTE - von Bohuslav Martinu
Bregenzer Festspiele 2002

- Pressestimmen -
Tagesspiegel
...Der Regisseurin Katja Czellnik und ihrer Ausstatterin Vera Bonsen gelingt es im Bregenzer Festspielhaus glücklicherweise, eine zeitgemäße Optik für Martinus Meisterwerk zu finden. Aus einem alten Hafenbecken scheint sich das Meer zurückgezogen zu haben. Bis auf halbe Höhe der schrundigen Betonmauern ist feinkörniger Sand angeweht worden, Zivilisationsmüll wächst die Wände herauf. In dieser verkehrten und doch so vertrauten Welt leben Menschen ohne Bewußtsein fürs Gestern, zwischen denen Michel wie ein Ertrinkender im Strudel seiner Erinnerungen wirkt. Johannes Chum spielt den Buchhändler mit Ehrfurcht gebietender Konzentration, und anrührender Intensität. Sein verzweifeltes, hoffnungsloses Werben um Juliette gewinnt dabei doppelt tragische Tiefe, weil die Traum- Frau keine Chimäre ist, sondern Eva Maria Westbroek, eine grandiose, mutige Sängerdarstellerin, die mit jedem Ton ihres Soprans menschliche Wärme verströmt.
D. Bernet macht dies mit den Wiener Philharmonikern unmissverständlich klar, läßt in dem kleinteilig-wuselnden, oft maschinenhaft-metropolitanen Klangbild immer wieder Inseln der emotionalen Innenschau zu und entfaltet so Martinus‘ Partitur in ihrer ganzen faszinierenden Vielschichtigkeit. Geradezu surreal, dass ein solches Meisterwerk sich nie auf den Bühnen durchsetzten konnte!...
Dolomiten Tagblatt der Südtiroler ('Traumwelt als Endspiel und Inferno')
...in ein ungemein fantasievolles Bühnenbild einer visionären Landschaft voll zerborstener Träume aus Ruinen, Kellerverliesen, toten Bäumen und kaputter Fenster in einem klaustrophobischen Taum ( Bühnenbild-und Kostüme: Vera Bonsen), läßt die junge Regisseurin Katja Czellnik ein mit Symbolik beinahe überfrachtetes Inferno abrollen: auf der Bühnenschräge agieren die verschreckten Figuren, ziehen sisyphushaft ein Fischerboot mit dem sinnigen Namen: „Try again“ nach oben, während Juliette- für die Menschen ihrer Umgebung unsichtbar zu ihrem verwehten Klavierspiel wunderschön singt und ein Bettler dem Akkordeon melancholische böhmische Volksweisen entlockt.
Becketts „Endspiel“- Figuren kriechen und schlurfen hier in bizarren Bildern über die Bühne, an die Gemälde von Max Ernst und de Chirico erinnernd, die sich in ihr Schicksal der Trost-und Hoffnungslosigkeit schon längst gefügt haben - und doch mit dem letzten Fünkchen Lebenswillen dagegen noch aufbegehren: eine brillante Visualisierung der geschundenen Seelen auf der Suche nach menschlicher Wärme, Liebe und Zuversicht…eine hochsensible Aufführung.