Wer vor kurzem im Forum für Kunst ihr räumlich konstruiertes Wandobjekt mit den vier Hohlkörpern gesehen hat, mag ihre Handschrift wiedererkennen, vor allem in der achtteiligen Säule „La ola“, ihrer jüngsten wellenförmigen Arbeit, denn die in Heidelberg lebende Vera Bonsen ist jetzt mit einer Einzelausstellung in die Galerie Grewenig/Nissen in Handschuhsheim eingezogen, bei deren Eröffnung Elisabeth Naumann der studierten Bühnen- und Kostümbildnerin, die auch mal am Mannheimer Nationaltheater engagiert war, eine einfühlsame Rede hielt. Vera Bonsen zeigt hauptsächlich plastische Wandobjekte aus den letzten zwei Jahren. Sie streben in den Raum und lösen beim Galeriebesucher mancherlei Assoziationen aus. Die Materialien sind Pappe, Papier, Kunststoffe, und gelegentlich werden Spiegel eingesetzt, die zur Vielfalt der Perspektiven beitragen. Dynamik und Rhythmus sind dabei wichtige Konstanten im Spiel der Kräfte. Die Fotografien und Fotocollagen, die, separat gehängt, eine eigene kleine Werkgruppe bilden, könnten in direkterer Nachbarschaft zu den Objekten eher zu Vergleichen mit diesen herausfordern.
Für ihre Wandobjekte baut die Künstlerin, umsichtig wie ein Architekt, oft Hunderte kleiner Elemente zusammen. Aufgrund ihrer stimmigen, zuweilen auch widerborstig erscheinenden Anordnung ergeben sich aufregende Wirkungen. Die Formgefüge muten ebenso exakt wie spielerisch an. Konkrete Kunst, aber leichtgewichtig. Das Kompakte und Stabile wird aufgebrochen durch die durchweg fragilen Einzelteile, gerade bei den „Obstacles“, die einander widerstrebende Stäbchen zu harmonischer Einheit zwingen. Das „Hindernis“ ist denn auch ein wichtiges Gestaltungsprinzip mit den sich zerklüftenden und verschachtelnden Strukturen, bei denen spürbar um Balance und Festigkeit gerungen wird. Man sieht sich daher nicht nur von der handwerklichen Solidität überzeugt, mit der Vera Bonsen ihre Arbeiten konstruiert, sondern man erkennt zugleich auch die gedankliche Anstrengung, die dem eigentlichen Schaffensakt vorausgeht. Der Schattenwurf der Reliefobjekte, sei es bei dem grün-gelblichen Triptychon oder den „Kreuzungen“, die als Ensemble auftreten, gehört zu ihrer angestrebten Wirkung dazu - ebenso wie die ungewöhnliche Farbigkeit, unter der ein sattes Lila auffällt.
Vera Bonsen ist bereit, über ihr Kunstkonzepte zu sprechen, erläutert zum Beispiel, dass sie die Objekte aus einem skizzierten Grundriss heraus entwickelt, in dem sie Maße wie Dreidimensionalität festlegt. Sie beschreitet dabei bewusst andere Wege als zuvor bei ihren Arbeiten als Bühnenbildnerin, denn sie ist jetzt frei von den Zwängen des kollektiv Organisatorischen und den Grenzen eines Theaterraumes. Man kann diese Objekte mit ihren häufigen Gitterstrukturen, die übereinander geschichtet sind oder sich auch bündeln, als räumliche Konstrukte wie als Landschaften oder variable Schauplätze deuten, die oft ausschnitthaft wirken und in den „Spielräumen“ kleine Raumzellen frei geben, die dann doch eine Affinität zu Bühnenbildern aufweisen, und eine fast theatralische Atmosphäre entfalten. Den Musikfreund erinnern die sich ihm aus einigen Objekten horizontal entgegen ragenden spitzigen Lanzen an die spanischen Trompeten an einem Orgelprospekt.